Nachdem ich in einem früheren Beitrag die Bedingungen einer analogen Anwendung des § 89b HGB auf Vertragshändler näher beleuchtet und dargestellt habe, unter welchen Bedingungen auch einem Vertragshändler ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zusteht, sollen es in diesem Beitrag um die Konsequenzen für die praktische Vertragsgestaltung gehen. Lieferant und Vertragshändler haben im Hinblick auf den Ausgleichsanspruch fast immer diametral entgegengesetzte Interessen. Dies wirkt sich auch auf die Vertragsgestaltung aus. Im Rahmen dieses Beitrages orientiere ich mich an der Position des Lieferanten, der in den meisten Fällen eine Vertragsgestaltung anstreben wird, die einen Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers bei Vertragsende durch analoge Anwendung des § 89bHGB ausschließt.
Berichtspflichten im Vertragshändlervertrag
Strenge, verbindliche und detailliert ausgestaltete Berichtspflichten können ein Merkmale für eine starke Eingliederung des Vertragshändlers in die Vertriebsorganisation des Lieferanten sein.
Entsprechend sollte der Vertragshändler nicht zu häufig Bericht erstatten müssen. Welche Zeiträume unschädlich sind, lässt sich nicht pauschal sagen. Hier kommt es auf Markt, Produktart und Absatzdynamik an.
Sehr umfangreiche Vorgaben zum Inhalt der Berichterstattung sprechen für eine weitgehende Einbindung in die Vertriebsorganisation. Unschädlich soll hingegen die Vorgabe zur Art und Form der Berichterstattung. So kann der Lieferant Muster oder Templates für die Berichte vorgeben. Vorsicht ist jedoch geboten, sofern die Muster sehr umfangreiche Angeben verlangen und vom Vertragshändler verpflichtend zu verwenden und vollständig auszufüllen sind. Dies kann wieder eine Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit des Vertragshändlers begründen.
Bedeutsam ist zudem der Zweck der Berichterstattung. Hier ist danach zu fragen, wessen Interessen die Berichterstattung dient. Die reine Abschöpfung von Informationen zu laufenden Geschäftsvorfällen und Vertriebserfolgen des Vertragshändlers ist zu vermeiden. Unproblematisch sind andere Interessen, wie die Sammlung von marktbezogenen Daten, etwa zur Marktbeobachtung, Weiterentwicklung und Support von Produkten oder statistische Erhebungen. Entsprechende Angaben können wiederum zur Verbesserung des Produktes oder zur Erstellung von Marktübersichten und Vertriebsempfehlungen genutzt werden, was wiederum auch zum Nutzen des Vertragshändlers ist.
Gegen eine tiefe Eingliederung in kann auch eine Berichterstattung sprechen, die primär nicht der Information des Lieferanten über die Vertriebsaktivitäten und den Vertriebserfolg des Vertragshändlers, sondern anderen Zwecken dient, etwa der Bestimmung von Preisen oder Rabatten. Vertragliche Regelungen zu berichtspflichten sollten daher Angaben zu Grund und Verwendung der mitgeteilten Informationen enthalten. Diese Verwertung der Information sollte wiederum zumindest indirekt zu einem Nutzen für den Handelsvertreter sein.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein direktes Eigeninteresse des Vertragshändlers an der Weitergabe von Vertriebsinformationen zu fördern. Dazu können zum Beispiel dem Vertragshändler s Vorteile und besondere Konditionen für bestimmte Vertriebserfolge, etwa dem erreich von Ziel strukturellen, gruppen- oder ortsbezogenen Absatzerfolgen, eingeräumt werden. Sofern dem Vertragshändler die Inanspruchnahme der Sonderkonditionen freigestellt ist, handelt er im eigenen Interesse, wenn er Absatzinformationen für die Erlangung der Vorteile weitergibt. Dieser Ansatz zeigt, dass Reporting- und Berichtspflichten schon bei der Vertragsgestaltung nicht als reine Nebenpflicht betrachtet werden, sondern im Zusammenhang mit der Provisions- und Vergütungsregelung betrachtet werden sollten.
Unbedenklich sind auch freiwillige Berichte des Vertragshändlers. Hier stellt sich allerdings die Frage, warum der Vertragshändler regelmäßig ohne besondere Veranlassung und Motivation Informationen über seine Vertriebsaktivitäten zu übermitteln.
Preisvorgaben
Unverbindliche Preisempfehlungen sind unbedenklich und kein Merkmal für eine Eingliederung des Vertragshändlers in die Absatzorganisation des Lieferanten. Denn abseits der Preisempfehlung bleiben dem Vertragshändler die Möglichkeit der Preisfestlegung und damit ein hohes Maß an wirtschaftlicher Freiheit belassen. Die Vorgabe von Höchstpreisen ist kritisch zu sehen, da solche Vorgaben erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Vertragshändlers haben können. Gleiches gilt für die Vorgabe von Mindestpreisen, wobei solche Vorgaben ohnehin kartellrechtlich unzulässig sind.
Pflicht zur Lagerhaltung
Bei der Bewertung von Vorgaben des Lieferanten zur Lagerhaltung kommt es auf die wirtschaftliche Bedeutung der Vorgaben für den Vertragshändler an. Die Verpflichtung des Vertragshändlers, einen angemessenen Warenbestand vorrätig zu halten, um die übliche Marktnachfrage zu bedienen, dürfte unkritisch sein, sofern die Lagerhaltung auch im Interesse des Vertragshändlers liegt. Dabei dürfte dem Vertragshändler ein Interesse an einer schnellen Belieferung seiner Kunden zu unterstellen sein. Anders kann dies bei besonders hochpreisigen Waren sein oder sofern die Lagerhaltung aufgrund der Art der Produkte oder wegen externer Umstände mit sehr hohem Aufwand verbunden ist.
Unbedingt zu vermeiden sind Verpflichtungen des Vertragshändlers zu einer zu einer Lagerhaltung, die den üblichen und zu erwartenden Absatz überschreitet.