Die 6 nachstehend beschriebenen Sachverhalte sind typische Verdachtsanzeichen für Korruption oder korrupte Praktiken in Unternehmen. Natürlich kann nicht allein auf Grund einer hohen Provision oder unvollständiger Dokumentation geschäftlicher Vorgänge automatisch sofort auf korrupte Praktiken und nicht im Interesse des Unternehmens handelnde Geschäftsführung oder Arbeitnehmer geschlossen werden. Möglicherweise ist die Höhe einer Provision marktüblich oder das Ergebnis guter Verhandlung. Und Ursache einer lückenhaften Dokumentation in Büchern und Geschäftsunterlagen muss nicht zwangsläufig auf Verschleierung und Verdunklung hindeuten, sondern kann auch Ursache einer nachlässigen Buch- und Berichtsführung sein. Dennoch lassen sich aus bekannt gewordenen Korruptionsfällen bestimmte, sich wiederholende Muster ableiten, zu denen auch die nachfolgend beschriebenen Verdachtsmomente gehören.

1. Ungewöhnliche Barzahlungen

Zahlungspflichten werden ohne ersichtlichen Grund bar abgewickelt. Wirtschaftlich ist dies meist nicht zweckmäßig, da – von einigen Ausnahmen wie Geschäfte über Kleinbeträge einmal abgesehen – die Transaktionskosten bei Barzahlung in den meisten Fällen höher liegen als bei unbaren Zahlweisen. Bargeldlose Zahlungen sind aufgrund besserer Nachvollziehbarkeit und Belegbarkeit grundsätzlich transparenter. Das Verdachtsmoment steigt mit der Höhe der Zahlung und bei unklarer oder nur schwer zu ermittelnder Identität des Zahlungsempfängers.

2. Zahlung hoher Provisionen

Zahlung hoher Provisionen kann insbesondere dann ein Indikator für Korruption oder korruptes Verhalten einzelner Beteiligter sein, wenn die Höhe der Provision das Marktübliche überschreitet und sich auch nicht anderweitig rechtfertigen lässt. Bei der Bewertung ist jedoch zu berücksichtigen, dass in bestimmten Branchen und Tätigkeitsfunktionen, insbesondere im Vertrieb, hohe Provisionen durchaus üblich sind.

3. Private Treffen mit Geschäftspartnern

Privater Umgang zwischen Arbeitnehmern und externen Geschäftspartnern aus etablierten oder in Anbahnung befindlichen Geschäftsbeziehungen kann ein Indiz auf eine mögliche Vermischung von Interessensphären sein. Das korrupte Element liegt hier darin, dass die persönliche Verbundenheit des Arbeitnehmers oder Geschäftsführers gegenüber dem externen Partner zu einer Gewährung sachlich nicht gerechtfertigter Vorteile an den Geschäftspartner führen kann, wie etwa die Vergabe von Aufträgen zu besonders guten Konditionen, der Weitergabe von wirtschaftlich relevanten Informationen oder eine anderweitig wirtschaftlich relevante Bevorzugung. Die private Lebensführung des Arbeitnehmers oder Geschäftsführers außerhalb des Arbeitsverhältnisses ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfassend geschützt. Einer Erfassung und Auswertung von Informationen, die den privaten Umgang von unternehmensangehörigen Personen betreffen, sollte daher eine rechtliche Prüfung vorausgehen.

4. Fehlende oder unvollständige Dokumentation zu bestimmten Entscheidungen

Geschäftliche Handlungen sind nur dann transparent, wenn ihr Zustandekommen und die wesentlichen Details zu ihrer Ausführung zu einem späteren Zeitpunkt noch nachvollziehbar sind. Nachvollziehbarkeit setzt voraus, dass die relevanten Informationen dokumentiert werden. Fehlende oder unvollständige Dokumentation kann daher ein Indiz für korrupte Handlungen sein.

5. Treffen mit Drittparteien

Ein weiteres Indiz für Korruption oder korrupte Handlungsformen stellen Treffen von Entscheidungsträgern mit nicht unmittelbar befassten Drittparteien dar, die zumindest ein indirektes Interesse an bestimmten Handlungen oder dem Zustandekommen bestimmter Geschäfte haben. Eine entsprechende Interessenlage kommt häufig bei bestimmten gesellschaftsrechtlichen Verknüpfungen vor, so zum Beispiel in Bezug auf Unternehmensträger oder stille Teilhaber eines Geschäftspartners.

6. Langjährig befasste Arbeitnehmer mit starker Bindung zu Aufgabengebiet

Meist geht es um Arbeitnehmer, die eine ihnen eingeräumte Autarkie oder Entscheidungskompetenz durch korruptes Verhalten zu ihrem persönlichen Vorteil nutzen. Das Risiko lässt sich anhand des folgenden, nicht abschließenden, Kriterienkatalogs bestimmen:

  • Der Arbeitnehmer ist schon lange mit der gleichen Tätigkeit befasst und ist daher bestens über die betrieblichen Arbeitsabläufe informiert.
  • Der Arbeitnehmer ist bestens organisiert. Die Arbeitsergebnisse geben keinen Anlass zur Kontrolle.
  • Arbeitsaufgaben und Geschäftsumgang außerhalb des Unternehmens sind stark homogen und seit vielen Jahren nur geringen Veränderungen ausgesetzt. Der Arbeitnehmer macht seit Jahren im Wesentlichen immer das gleiche und arbeitet dabei stets den gleichen externen Partnern zusammen.
  • Der Arbeitnehmer zeigt großes Pflichtbewusstsein und hat eine sehr hohe Bindung zu seinem Aufgabengebiet. Seinen Zuständigkeitsbereich und sein Aufgabengebiet verteidigt er, zum Beispiel indem er die Verlagerung von Aufgaben auf andere Kollegen oder seine Vertretung im Urlaub ablehnt.

Es wird sich zumeist um einen einzelnen Arbeitnehmer handeln. Bei einer arbeitsteilig agierenden Gruppe steigen Fliehkräfte und Entdeckungsrisiko durch unterschiedliche Interessen der Gruppenmitglieder und Gruppenrivalität erheblich. Zudem wird eine Funktion, die durch eine Gruppe bearbeitet wird, meist schon eine höhere Komplexität haben, was eine relativ autarke, von anderen Unternehmensfunktionen unabhängige Tätigkeit, erschwert.

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